Sebastian Vehlken: Schräge Vögel
Schräge Vögel
(p. 131 – 154)

Vom ›technological morass‹ in der Ornithologie

Sebastian Vehlken

Schräge Vögel
Vom ›technological morass‹ in der Ornithologie

PDF, 24 pages

Thomas Trowards Idee eines universellen »objektiven Geistes«, der aus dem Weltraum heraus menschliches Handeln steuert, spielte auch in der Ethologie des Vogelschwarmverhaltens eine Rolle. Sebastian Vehlken analysiert in einem wissenschafts- und mediengeschichtlich angelegten Beitrag über ornithologische Schwarmstudien und ihr medientechnisches Instrumentarium, wie Forscher mit ihren Darstellungsmethoden zu wissenschaftlichen Irrläufern werden. Die ersten Erklärungsversuche zum koordinierten Verhalten von Vogelschwärmen schließen um 1900 an zeitgenössische Überlegungen zur Massenpsychologie und zum Spiritismus an. Die Theoriemodelle der Schwarmforscher verändern sich mit den Verfahren zur Dokumentation der Flüge, die vom Aufschreiben per Hand über filmische Aufzeichnung bis hin zur Implementierung von Computerprogrammen führen. Die rechnergestützten Simulationen können aber stets nur ausgewählte Daten aus dem Schwarmverhalten verarbeiten, indem sie computertechnisch gefiltert und mittels statistischer Verfahren hochgerechnet werden. Damit stellen Schwärme als Medien selbst die Mittel bereit, derer es zu ihrer eigenen Beschreibung bedarf. Wenn die Schwarmbewegungen auf diese Weise zum programmierten Schreibverfahren geworden sind, lassen sie sich im Netz ihrer Bewegung fangen und beschreiben. Das Imaginäre ihrer Regelung erscheint in den auf Selbstlauf angelegten Simulationsenvironments der Rechner.

  • cybernétique
  • utopie

Veuillez choisir votre langue
Français

Contenu selectionné
Français

Stefan Rieger (éd.), Manfred Schneider (éd.): Selbstläufer / Leerläufer

Das 20. Jahrhundert steht im Zeichen der Regelung und ihrer Versprechen. Ob im Realen der Technik oder im Imaginären der Kultur, sie lässt kaum einen Bereich der Lebenswelt unberührt. Doch neben einfachen Formen geglückter Betriebsamkeit und neben reibungslosen Abläufen gibt es Fälle, die aus der Regelungsnormalität ausscheren – dann etwa, wenn sich Dinge ohne energetischen Aufwand verselbständigen oder ohne Bezug auf eine Referenz leerlaufen. Selbstläufer und Leerläufer sind somit nicht selten spektakuläre Einbrüche in der Ökonomie der Regelung. Gerade Selbstläufer und Leerläufer können den Status der kybernetischen Vernunft veranschaulichen. Das große Versprechen, das seit dem 20. Jahrhundert auf dem Regelungsparadigma wie eine Hypothek lastet, scheint immer weniger einlösbar. Die aktuellen Krisen bei Individuen und Banken, bei Autobauern und ganzen Volkswirtschaften machen deutlich, wie prekär es um die vermeintliche Synonymie von Vernunft und Regelung steht.