In seinem ersten Roman Ludwig muss sterben begeisterte Thomas Hettche 1989 die Literaturkritik nicht zuletzt mit seiner rhythmisch-materialen Sprache. Seither hat Hettche in weiteren Romanen, Kurzgeschichten und Essays, wie in seiner als Animationen bei DuMont erschienenen medienhistorischen Doktorarbeit die scharfe Trennung von Form und Inhalt auf immer wieder neue Weise unterlaufen. Im Gespräch versteht Hettche literarisches Schreiben als Möglichkeit, Sprache zeigend zu gebrauchen. Im Roman, im Essay öffnet sich in der materialen Endlichkeit eines Buches die Unendlichkeit von Atmosphären, Stimmungen und Intensitäten. Denn Literatur benennt nicht. Sie zeigt, sie verweist auf etwas, was sie nicht hat, was sich nicht haben lässt. So ist literarisches Zeigen kein Abfotografieren realer Details, sondern ein Präsentifizieren, ein unausgesetztes Bemühen um das Erfahrbarmachen von etwas, was in seiner Gänze nicht gefasst werden kann.