Omar W. Nasim: Zeichnen als Mittel der ›Familiarization‹
Zeichnen als Mittel der ›Familiarization‹
(p. 159 – 188)

Zur Erkundung der Nebel im Lord-Rosse-Projekt

Omar W. Nasim

Zeichnen als Mittel der ›Familiarization‹
Zur Erkundung der Nebel im Lord-Rosse-Projekt

Traduit par Mirjam Brusius

PDF, 30 pages

Die Nebelsterne stellen im 19. Jahrhundert ein unbekanntes, weit entferntes und dennoch mit großem Aufwand erkundetes Objekt der Astronomie dar. Zur Beobachtung dieser stellaren Objekte bedurfte es monströser Apparate, wie des legendären Teleskops von Lord Rosse. Und es bedurfte zudem eines trainierten Auges, der allnächtlichen Observation sowie vor allem der skizzenhaften ›Aufzeichnung‹ des Gesehenen in Laborjournalen. Da die Objekte in ihrer Erscheinung stark variierten und auch durch das Teleskop kaum zu erkennen waren, war dieses Aufzeichnen immer schon ein Entwurfsprozess, der durch das Auswählen von Skizzen und Abzeichnen in andere Bücher weitergeführt wurde. Omar Nasim verfolgt die stellaren Nebel durch die verschiedenen Notizbücher und Journale. Er zeigt in seiner Analyse, dass die unbekannten Objekte den Status zwischen Aufzeichnung und zeichnerischem Entwurf beibehalten. Es gelingt keine vollständige Stabilisierung des Objekts, so dass selbst die veröffentlichten Nebelformen Unschärfen aufweisen und manchmal erneut in einen Zeichenprozess eintreten. Was das tracing, das heißt das beharrliche Verfolgen und Umreißen des Gesehenen auf Papier, jedoch mit sich bringt, ist ein Prozess der familiarization: ein durch zeichnerisches Können geleiteter und insofern technisch-vertrauter Umgang mit einem Objekt, dem der Forscher nie nahe kommen wird.

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Karin Krauthausen (éd.), Omar W. Nasim (éd.): Notieren, Skizzieren

Der dritte Band der Reihe »Wissen im Entwurf« ­beschäftigt sich mit Techniken des Schreibens und Zeichnens in jenen kreativen, herstellenden Zusammenhängen, die gemeinhin unter ›Entwurf‹ gefasst werden. Im Fokus steht also das Er- und Bearbeiten von noch Ungesagtem und Unsichtbarem auf Papier, ein Arbeiten mit Schreib- oder Zeicheninstrumenten in jenem Raum des Vorläufigen, den Notizen und Skizzen eröffnen.

Die Beiträge untersuchen die konkreten Verfahren, die in Notizheften und Skizzenbüchern von Künstlern, Philosophen und Wissenschaftlern zu entdecken sind. Das Entwerfen zeigt sich hier in dem tentativen oder systematischen Durchspielen verschiedener Variationen eines epistemischen Objekts; es zeigt sich als bewusstes Herstellen von ›Unlesbarkeiten‹, um durch diese Störung zu innovativem Formmaterial zu gelangen; es zeigt sich aber auch in der Suche nach neuen operativen Schriften oder Figurationen. Zu beobachten ist in all diesen Fällen, dass das Geschehen auf Papier ein Eigenleben zeitigt, das weder durch die Intentionalität des Schreibenden/Zeichnenden gedeckt ist noch in der Entwicklung auf ein Ziel aufgeht. Die Publikation macht diese eigene – mediale, zuweilen formale, immer aber konditionierende – Qualität an einem Panorama verschiedener Entwurfstechniken sichtbar.