Karin Krauthausen: Zwischen Aufzeichnung und Konfiguration
Zwischen Aufzeichnung und Konfiguration
(p. 89 – 118)

Der Beginn von Paul Valérys ›Cahiers‹

Karin Krauthausen

Zwischen Aufzeichnung und Konfiguration
Der Beginn von Paul Valérys ›Cahiers‹

PDF, 30 pages

Paul Valérys (1871–1945) Arbeitshefte, die Cahiers, präsentieren ein Notieren und Skizzieren, das sich im Laufe der über fünfzig Jahre währenden Eintragungspraxis zu einer Form sui generis entwickelt. Karin Krauthausens stellt die Frage, wie und durch welche Verfahren ein solch beispielloses Schreibprojekt im Jahr 1894 konstituiert wird. Beobachten lässt sich auf den Notizbuchseiten und gebündelten Blättern der ersten Jahre vor allem eine Auseinandersetzung mit Formaten der Aufzeichnung: Valéry notiert chronophotographische Motive von Étienne Jules Marey und aus den zeichnerischen Studien zum Vogelflug von Leonardo da Vinci. Weitere Notierungen und Skizzen betreffen James Clerk Maxwells A Treatise on Electricity and Magnetism, in dem sich neben den mathematischen Berechnungen auch Anweisungen finden, wie nicht berechenbare elektromagnetische Felder zu zeichnen sind. Was hier von Valéry skizziert wird, ist gerade nicht als ›Bild‹ für ihn interessant, sondern als Regularium der Bilderzeugung – als Notation. Über die Notations-Motive versammelt Valéry auf seinen Blättern Techniken des Schreibens und Zeichnens, die die Bearbeitung eines zumeist unbekannten epistemischen Objekts ermöglichen.

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Karin Krauthausen (éd.), Omar W. Nasim (éd.): Notieren, Skizzieren

Der dritte Band der Reihe »Wissen im Entwurf« ­beschäftigt sich mit Techniken des Schreibens und Zeichnens in jenen kreativen, herstellenden Zusammenhängen, die gemeinhin unter ›Entwurf‹ gefasst werden. Im Fokus steht also das Er- und Bearbeiten von noch Ungesagtem und Unsichtbarem auf Papier, ein Arbeiten mit Schreib- oder Zeicheninstrumenten in jenem Raum des Vorläufigen, den Notizen und Skizzen eröffnen.

Die Beiträge untersuchen die konkreten Verfahren, die in Notizheften und Skizzenbüchern von Künstlern, Philosophen und Wissenschaftlern zu entdecken sind. Das Entwerfen zeigt sich hier in dem tentativen oder systematischen Durchspielen verschiedener Variationen eines epistemischen Objekts; es zeigt sich als bewusstes Herstellen von ›Unlesbarkeiten‹, um durch diese Störung zu innovativem Formmaterial zu gelangen; es zeigt sich aber auch in der Suche nach neuen operativen Schriften oder Figurationen. Zu beobachten ist in all diesen Fällen, dass das Geschehen auf Papier ein Eigenleben zeitigt, das weder durch die Intentionalität des Schreibenden/Zeichnenden gedeckt ist noch in der Entwicklung auf ein Ziel aufgeht. Die Publikation macht diese eigene – mediale, zuweilen formale, immer aber konditionierende – Qualität an einem Panorama verschiedener Entwurfstechniken sichtbar.