»Stilbildend. Ein Meister seines Genres.«

Wie in allen großen Hafenstädten wimmelt es in New York City von ­Ratten. Manchmal bemerkt man sie gar nicht, obwohl sie um einen herum sind. Nur ein Bruchteil der Straßen ist frei von ihnen. In den letzten fünfundzwanzig Jahren ist ihre Zahl stark zurückgegangen, aber noch immer gibt es Millionen von ihnen. Die Behörden gehen davon aus, dass in den fünf Stadtbezirken auf jeden Menschen eine Ratte kommt. In Kriegszeiten steigt die Rattenpopulation in Häfen und auf Schiffen immer stark an. So wurde im Sommer 1940, also nicht einmal ein Jahr nach Kriegsausbruch in Europa, im New Yorker Hafen eine stetige Zunahme von Schiffsratten festgestellt. Die Ratten und Rattenflöhe in außeramerikanischen Häfen sind gelegentlich mit der Pest infiziert, einer fürchterlichen Krankheit, die verschiedene Formen annehmen kann und von denen die Beulenpest, im Mittelalter der Schwarze Tod genannt, die verbreitetste ist. Daher fahren Vertreter des Gesundheitsministeriums mit Kuttern von einer Quarantänestation am Staten-Island-Ufer der Narrows aus alle Schiffe an, die von einem ausländischen Hafen nach New York kommen, und untersuchen sie auf Ratten oder Anzeichen eines Rattenbefalls. Wenn ein Schiff stark befallen zu sein scheint, lässt man es in einer Bucht ankern, die Besatzung wird weggebracht, und die Frachträume und Kabinen werden mit einem derart giftigen Mittel begast, dass ein Mensch, der es nur ein, zwei Mal einatmet, tot umfällt, von einer Ratte ganz zu schweigen. Im Jahr 1939 wurden durchschnittlich 12,4 Ratten je Ausgasung getötet. 1940 stieg die Zahl sprunghaft an auf 21, zwei Jahre später auf 32,1. 1943 wurden dann zum ersten Mal seit 1900 mit dem Pesterreger Pasteurella pestis infizierte Ratten im Hafen entdeckt. Man holte sie von einem alten französischen Trampschiff, der Wyoming, die aus Casablanca kam, wo die Pest seit Jahrhunderten immer wieder ausbricht.


Die größten Rattenkolonien in der Stadt finden sich in heruntergekommenen Gebäuden in der Nähe oder direkt am Hafen, insbesondere in den Mietskasernen, Märkten mit Lebendgeflügel, Großmärkten, Schlachthäusern, Lagerhäusern, Ställen und Garagen. Sie tauchen aber auch an Orten auf, wo man sie nie vermuten würde. Inspektoren des Gesundheitsamts haben ihre Pfoten- und Schwanzspuren schon in den Kellern der besten Restaurants der Stadt entdeckt. Vor einigen Wochen fing ein Trupp Kammerjäger in drei Nächten zweihundertsechsunddreißig Ratten im ersten und zweiten Kellergeschoss eines altehrwürdigen Hotels auf einer der Fortieth Streets. Viele leben versteckt in der Untergrundbahn; nur in den frühen Morgenstunden, wenn die Züge noch in großen Abständen fahren, klettern sie auf die Bahnsteige und stöbern...

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Joseph Mitchell

Joseph Mitchell

 (1908 – 1996) est né dans une ferme de tabac et de coton en Caroline du Nord (États-Unis).
Après de brèves études, il attire l’attention d’un éditeur grâce à un reportage et s’installe définitivement à New York en 1929. Il relate alors pour le Morning World et le Herald Tribune, puis pour le New Yorker, où il passera cinquante- huit ans, les rues de la ville et la vie des hommes qui les peuplent. Après la publication de ses articles sous forme de recueils, il s’est vu récompensé par l’Académie des Arts et des Lettres en 1965 et par le prix de littérature de Caroline du Nord en 1984. Sa passion pour ceux qu’il refuse d’appeler les petites gens, son intérêt pour les marginaux et les oubliés du rêve américain, son style élégant et soigné ainsi que son humour caustique en font l’un des inventeurs d’un nouveau journalisme de terrain et lui ont valu le surnom de « parangon des reporters ».

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Zwischen den Flüssen
New Yorker Hafengeschichten

Traduit par Sven Koch et Andrea Stumpf

relié, 268 pages

Joseph Mitchells sechs lange Reportagen über New York und seine Hafengegend sind längst legendär. Auf seinen Wegen zwischen Hudson River und East River, Staten Island, Fischmarkt und Fährhafen begegnet er Außenseitern und Exzentrikern und lässt sich von den Gerüchen und den Geschmäckern des Hafens faszinieren. Umgetrieben von den Nischen und Lücken der allgemeinen Geschichtsschreibung, schreibt er von einem leerstehenden Hotel über einem geschäftigen Fischrestaurant, vom Leben der Ratten, die von den Schiffen in den Hafen strömen, vom Kapitän der größten Fischereiflotte der Region und von anderen Menschen, die auf die eine oder andere Weise alle mit dem New Yorker Hafenviertel verbunden sind.