Der Gang der Frau ist nur auffällig, wenn sie müde ist, dann haben die Beine geschmerzt, nein, sie haben immer geschmerzt, aber deswegen hat sie nicht gehinkt, sie hat schon deswegen gehinkt, aber nur, wenn sie müde war. Diese Leiche ist nicht die, für die sie von einem Pathologen, der es hätte besser wissen können, nein, müssen, ausgegeben wurde. Das ist nicht Rosa Luxemburgs Leiche, als die Michael Tsokos, der Leiter der Berliner Rechtsmedizin, sie 2009 der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Die Leiche, die ihm vorgelegt wurde, mit dem Vorlegbesteck der Geschichte, ist nicht die, für die er sie ausgegeben hat. Die Leiche, welche Rosa Luxemburg sein sollte, aber definitiv nicht war, ist die einer Frau, die niemand kennt. Das Grab Rosa Luxemburgs ist aber sowieso leer, es gibt keinen Vergleich, es ist auch kein Vergleich nötig, der einen sicher machen würde, denn diese Frau, dieser Klumpen Leichenwachs aus dem Keller der Charité, kann nicht Rosa Luxemburg sein, nein, es kann nicht sein. Sie kann es nicht sein, weil sie es nicht war. Sogar Jesus ist aus seinem Grab auferstanden, er war vorher sicher drin, nachher nicht mehr, das Grab war leer, in Rosa Luxemburgs Grab war sie, ganz sicher, da war keine andre, mit der man sie verwechseln, gegen die man sie hätte austauschen können, jetzt ist dort aber niemand mehr zu Hause, die Nazis haben das Grab 1935 ausgeraubt und zerstört. Keine Spur, keine Schleifspur, kein Rest. Und dieser Wachsklumpen in der Gerichtsmedizin kann sie nicht sein, kann Rosa Luxemburg, deren Spurtreue immer bewiesen war, nicht sein, kann nicht ihre Spur sein, aus vielen Gründen. Dieser Tausch der Leichen hat nicht funktioniert, das Geborgenwerden der damals geborgenen, der unter Menschen niemals geborgenen Rosa Luxemburg ist zu gut dokumentiert. Sie war die eine, sie war nicht die andere, von der wir glauben sollten, sie wäre es. Es hat kein Austausch stattgefunden, höchstens ein symbolischer Tausch, ein Gerichtsmediziner hat für kurze Zeit behauptet, die richtige ermordete Person gefunden zu haben, aber niemand hat getauscht, er hat nur die Namen getauscht, Rosa gegen eine bis heute Unbekannte. Der Pathologe hat von einem Namen gesprochen, der nicht zu einem Klumpen Leiche aus Fettwachs gehört hat, der Name hat einer anderen gehört, die diese nicht ist, die er symbolisch gegen jene getauscht hat, Namen gegen Namen, doch der Name war derselbe, nur hat er einer anderen gehört. Aber Leichen kann man nicht tauschen,...
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Peter Berz (éd.), Marianne Kubaczek (éd.), Eva Laquièze-Waniek (éd.), David Unterholzner (éd.)
Spielregeln. 25 Aufstellungen
Eine Festschrift für Wolfgang Pircher
broché, 368 pages
PDF, 368 pages
Spielregeln eröffnen ein Feld, in dem das Denken des Konkreten mit dem des Abstrakten immer schon konvergiert. Sie geben Urszenen einer kultur- und medienwissenschaftlich erweiterten Philosophie zu denken. Das hier vorliegende Buch versammelt fünfundzwanzig Spielregeln um das Werk eines Wissenschaftlers, der wie kaum ein anderer dem Denken des Konkreten als Allgemeines verpflichtet ist.