Als eine der interessantesten und innovativsten Veröffentlichungen der letzten Jahrzehnte zu Kafka kann die Dissertation von Joseph Vogl gelten, die hier nach Jahren neu aufgelegt wird. Immer wieder stößt die Lektüre von Kafkas Literatur in ihrer »Unruhe des Entzifferns« auf die Erfahrung unmöglicher Vermittlung, als deren Ende und Zeichen Vogl das Bild der Gewalt ausmacht: die Gewalt, die Kafkas Texte und Aufzeichnungen skandiert.
Vogls luzide Überlegungen kreisen zum einen um die Bilder der Gewalt als Abbild etwa von Herrschaftsformen, Straftechniken und sonstigen »Beschädigungen«; zum zweiten um Gewalt als Ausdrucksmoment, d.h. Gewalt weniger in ihrer Wiedergabe denn als Medium einer Sprache des Leidens; und schließlich um die Gewalt als Kennzeichnung eines Verhältnisses der literarischen Sprache zu sich selbst. Es geht um die Formen der Inszenierung der Gewalt, um die ökonomische Erfahrung, die in die Materialität des Textes selbst hineinreicht, sowie um die Frage nach Art und Ort dessen, was als fremde Stimme aus den Texten spricht. Nicht die Rekonstruktion einer Einheit, eines Gesamtbildes, sondern gerade die Feldlinien, Umwege und Sackgassen in Kafkas Literatur sind es, die Vogl interessieren.